Nach scheinbar ewigem Hin und Her haben wir (Andi und Patric) uns endlich auf einen Termin für unsere erste Whisky Tour geeinigt und die Flüge gebucht. Sinnloser Weise haben wir uns allerdings für den Zielflughafen Glasgow-Prestwick entschieden. Nicht gerade die beste Wahl, wenn man sich mal kurz eine Karte zur hand nimmt...
Eine Übersicht mit den einzelnen Orten unseres Wirkens kann man sich auch mittels Google Earth und dieser kmz-Datei verschaffen.
Samstag, der 8. Oktober 2005
Gegen 10 Uhr saßen wir endlich abfahrbereit in unserem Mietauto in Prestwick. Unser erster Weg sollte uns nach Glasgow zu Auchentochan führen. Schlecht ausgerüstet wie wir nun mal waren, fuhren wir die erste Tankstelle in Glasgow an, um uns eine vernünftige Straßenkarte sowie eine kurze Anfahrtsbeschreibung zu Auchentochan geben zu lassen.
Die nette Dame von der Tankstelle hatte keine Ahnung, was Auchentochan sein sollte — das macht schon mal Mut. Netterweise holte sie dann eine jüngere Kollegin oder ihre Tochter, so genau haben wir das nicht verstanden. Diese wiederum schien ganz genau zu wissen was Auchentochan ist und auch, wo die Brennerei zu finden sei, was sie uns auch voller Begeisterung zu vermitteln suchte.
Schade nur, daß wir ausgenommen von einigen wenig hilfreichen Wörtern wie 'the', 'and' und einmal auch 'left' nichts verstanden haben. Vor lauter Freundlichkeit und auch in Vertrauen darauf, daß der Andere ja sicher alles verstanden hat – schließlich hat er ja nicht nachgefragt – sind wir dann mit Worten des aufrichtigen Dankes wieder von dannen gezogen. Geschockt ob der sprachlichen Barriere entschieden wir uns nun doch erstmal nach Edinburgh zu fahren.
Gegen 14 Uhr waren wir dann endlich in einem Parkhaus in Edinburgh und haben zur Verwunderung der Eingeborenen die örtlichen Buspläne photographiert. Nichtsdestotrotz erschien es uns sinnvoller Photos hiervon zu schießen als später den Weg zum Auto nicht mehr zu finden. Den Rest des Tages haben wir uns dann in der Altstadt herumgetrieben und uns auch um ein B&B gekümmert.
Sonntag, der 9. Oktober 2005
Obgleich es Sonntag war, wollten wir unser Glück in Edradour probieren und uns bis nach Elgin durchschlagen.
Nach etwa 1½ Stunden Fahrt bei der wir auch an Dollar vorbeigefahren sind, fuhren wir nach Pitlochry ein und wollten gleich mal bei Blair Atholl vorbeischauen. Da hier aber alles zu zu sein schien, wollten wir uns zunächst nur die Lagerhäuser unserer ersten Destille von außen ansehen. Gerade wieder im Gehen begriffen öffnete die Destille zu unserer Verwunderung plötzlich um kurz vor 12 Uhr ihr Besucherzentrum. Seltsam – bei uns machen die Geschäfte da grade über Mittag zu, aber wie sagte schon Obelix: "Die spinnen, die Briten."
In der Destille durfte nicht photographiert werden, was dem Whisky zu Ende der Führung aber keinen Abbruch tat. Alles in allem eine nette aber nicht außergewöhliche Führung.
Weiter ging`s dann ein paar Steinwürfe weiter um 13:15 bei Edradour. Diese kleine Destille mit ihren blendend Weiß gestrichenen Häusern mit den roten Türen liegt malerisch in einer kleinen Senke entlang eines Baches. Die kurze Führung warnt einen nicht nur vor Wasser, sondern zeigt auch sämtliche Schritte der Destillation. Interessanterweise gibt es den obligatorischen Dram mitten während dieser Führung.
Frohen Mutes ging es nun weiter nach Elgin, wo wir allerdings feststellen mussten, daß es in Großbritannien nicht nur landesweite und nationale, sondern auch auf Regierungsbezirke beschränkte 'bank holidays' gibt. Dankbarerweise hat man uns in Elgin alsbald darauf hingewiesen, so daß wir gleich weiter in die Hauptstadt des Whiskys nach Dufftown gefahren sind.
Montag, der 10. Oktober 2005
Nachdem wir nun erstmal ausschlafen konnten, ging es nach dem Aufstehen gegen 14:00 direkt in die Charlestown of Aberlour zu – man errät es kaum – Aberlour.
Hier haben wir der Jahreszeit sei Dank eine Führung zu dritt (ein Amerikaner, Andi und Patric) bekommen. Die Führung hat zwar 7,50 £ gekostet, allerdings war sie jeden Penny davon wert und beinhaltete wie üblich einen Gutschein zur Verrechnung bei einem Einkauf im Visitor Center.
Unser englischstämmiger Guide Wendy ließ uns die einzelnen Zwischenprodukte probieren und führte uns fachkundig durch die Destille. Da zur Zeit unseres Besuches gerade destilliert wurde, konnten wir hier unter starker Transpiration den Spirit Safe in Aktion sehen. Es sei angeraten bei eigenen Touren für genau diesen Fall nur leichte und luftige Kleidung zu tragen.
Im Warehouse Nº1 haben wir dann das mit 5 Whiskys und einem Destillat umfangreichste und wohl auch interessanteste Destillen-Tasting dieser Woche unternommen. Neben dem frischen Destillat und drei Standardabfüllungen gab es auch zwei Einzelfässer zu verköstigen, die ihreszeichens im selben Raum standen. Es handelte sich hierbei um ein Bourbon Faß und ein Sherry Faß, von denen man sich nach Wunsch und Zahlung von 50 £ selbst eine Flasche abfüllen konnte – ein Narr, der diese Chance verstreichen läßt, schließlich trägt diese Abfüllung jetzt meinen Namen (bzw. Andis).
Nach der ca. 2½ Stunden dauernden Führung suchten wir uns erstmal einen Pub um etwas auszunüchtern und etwas zu essen. Ein paar Pint später sind wir dann zurück nach Dufftown.
Dienstag, der 11. Oktober 2005
Endlich konnten wir nach Elgin zu Gordon & MacPhail, die uns aber etwas enttäuscht haben. Anstatt des Whiskyladens den man vielleicht erwartet, trifft man hier primär auf einen Feinkostladen mit gut sortierter Whiskyabteilung. Entgegen der Erwartungen gibt es hier aber nicht riesige Mengen von Gordon & MacPhail Abfüllungen. Wer schon mal bei Otto Steudel im Celtic Whisk(e)y in Nürnberg war, kann sich den Weg nach Elgin guten Gewissens sparen.
Zurück in Dufftown haben wir uns bei Glenfiddich/Balvenie über die Führungen informiert und die nächste Balvenie-Führung gebucht, die am Mittwoch stattfinden sollte. Es sei hier empfohlen bei einer eigenen Reise diese Tour im Voraus via Internet oder Telephon zu buchen.
Etwas enttäuscht (wir hatten noch keinen Whisky) machten wir uns auf den Weg zu Glenfarclas, wo wir allerdings 10 vor Ladenschluß eintrudelten und nur noch einen Mitleidswhisky (105°) bekamen. Es sei hier geraten vielleicht doch nicht immer erst um 14 Uhr aufzustehen...
An Dallas vorbei ging es dann weiter nach Knockando, bekannt durch das Lied "Sag mir Knockando, sag mir wann", wo wir allerdings die Destille vergeblich zu finden suchten. Merke: Adressen sind gut, Wegbeschreibungen sind aber besser.
Mittwoch, der 12. Oktober 2005
Um 9 Uhr ging`s dann mal zum Frühstück, denn um 10 Uhr begann die 20 £ teure und volle vier Sunden dauernde Führung bei Balvenie. Würde Balvenie nicht zu meinen Lieblingsdestillen gehören hätten wir uns wahrscheinlich das Geld gespart und hätten so die mit Abstand beste Führung verpasst.
Wieder bekamen wir eine Führung im kleinen Kreis (nur ein etwas biederes amerikanisches Ehepaar und wir), die in einem gemütlichen abseits stehenden Bungalow bei Shortbread, Tee und Kaffee mit der lebhaft erzählten Geschichte der Destille und der Führung begann. Da es wie aus Kübeln goß fuhren wir über das Gelände anstatt alles per pedes zu erwandern. In schmucken Warnwesten gekleidet ging es dann zur Mälzerei, wo wir das Malz in unterschiedlichen Reifezuständen probieren durften. Nach einem kurzen Besuch der Kiln ging es dann weiter zur Balvenie eigenen Böttcherei, wo wir dem Ausbessern, Abdichten und Rösten eines Fasses beiwohnen durften. Vorbei an den Wahsbacks von Kininvie ging es dann zur Mühle und von dort weiter zu Mash Tun und Washback. Nach den Stills ging es dann weiter ins Lagerhaus, von wo ich gerne ein paar Fässer mitgenommen hätte. Leider war unser Guide hierfür zu aufmerksam und aller Wahrscheinlichkeit nach wären mir die Fässer auch etwas zu schwer und zu sperrig für unter die Jacke gewesen.
Whisky gab es dann aber auch so beim anschließenden Tasting, durch daß der Guide mit viel Humor und Fachwissen führte. Zum Abschied gab`s dann noch eine Miniatur des aktuellen 30-jährigen, die alleine schon etwa dem Tourpreis entsprechen dürfte.
Da es immernoch regnete wie aus Eimern, ging es dann mit Glenfiddich weiter. Hier beginnt die Tour mit einem kurzen mehrsprachigen Video (ich hab`s mir auf französisch, englisch und ich glaube chinesisch gegeben. Man sollte vielleicht doch nicht so viel trinken. Am Ende der unspektakulären etwa 40-minütigen Führung gab es dann einen Special Reserve oder wahlweise einen Likör. Naja, uns hat weder der Eine, noch der Andere gemundet. Im Destillerielokal habe ich dann noch einen Caoran Reserve probiert. Es ist mir absolut scheierhaft, wie der selbe Eigentümer auf dem selben Grundstück auf der einen Seite einen so exzellenten Whisky (Balvenie) und auf der anderen Seite so einen Käse (Glenfiddich) produzieren kann. Es kommt einem fast der Gedanke, daß Glenfiddich alleine aus Vor- und Nachlauf von Balvenie produziert wird. Gerechterweise sollte man vielleicht noch erwähnen, daß Glenfiddichs ältere Whiskys (ab 18 Jahre) vielleicht doch aus dem Mittellauf gebrannt werden.
Vollkommen benebelt ging es dann unter leichtem Regen per pedes zurück ins Zentrum Dufftowns.
Donnerstag, der 13. Oktober 2005
Gegen 10 Uhr ging es dann erneut und zu günstigerer Zeit zu Glenfarclas, wo wir nach kurzer Führung im Ship`s Room zu einem Whisky eingeladen wurden. Nachdem uns unser weiblicher Guide mit dem 105°, dem 15er und dem 21er nicht hinter dem Ofen hervorlocken konnte, da ich diese ja alle auch zu Hause habe, habe ich ihr noch kurz dargelegt, welche Whiskys von Glenfarclas ich noch so besitze, woraufhin sie kurz im Hinterzimmer verschwand, um mit drei unterschiedlichen Einzelfaßabfüllungen mit 1969er Glenfarclas wiederzukehren. Phantastisch. Jeder, der hier eine Führung macht, sollte alles daransetzen diese drei Whiskys serviert zu bekommen.
Da ich für meine Frau noch ein Paar Alibi-Kultur Bilder machen mußte, sind wir nach Dufftown zur Balvenie-Ruine und dann zur Craigellachie Bridge gejettet und haben dort unglaublich kulturelle Photos geschossen.
Weiter ging es dann über Inverness das Great Loch entlang – natürlich nicht ohne den obligatorischen Halt am Loch Ness. Ich bin mir sicher, daß, wären wir einen Tag früher hier gewesen, wir Nessie gesehen hätten. Wenn auch nur aufgrund des Alkoholpegels.
Spät nachts kamen wir dann in Oban an und haben noch mit mehr Glück denn Verstand ein B&B gefunden.
Freitag, der 14. Oktober 2005
Um halb 12 fanden wir uns zur Führung bei Oban ein, wo uns das Photographierverbot besonders einleuchtete, als wir Destillenmitarbeiter mit einer Digitalkamera mit Blitz ein Photo direkt in der Brennblase schießen sahen. Ansonsten war die Tour eher einfach gehalten. Im Visitor Center konnte man dann geschickt Geld in Port Ellen Abfüllungen investieren. Interessanter als die Destille ist sicherlich die Stadt Oban.
Etwa zwei Stunden südlich haben wir dann endlich Auchentochan gefunden, mußten allerdings 45 Minuten auf die nächste Tour warten, die aber nur für uns stattfand. In Anbetracht der Tatsache, daß wir ja schon mal eine Destille von innen gesehen hatten, verlor unser Guide nicht viele Worte über die 'normalen' Vorgänge. Besonders interessant war hier natürlich die Intermediate Still.
Richtiggehend neidisch wurde ich dann beim Anblick des aus einer Still, einem Spirit Safe und einem Faß gebaute Brunnen.
Abends ging es dann zurück nach Prestwick, wo unser Flug am Samstag gegen 7 Uhr zurück zur Heimat ging.